Pioniere der Autowelt
Wer hat’s erfunden?
Foto: Mercedes-Benz
Das britisch-deutsche ABS
Wie das elektronische Stabilitätsprogramm (ESP, 1995) ist das moderne Antiblockiersystem (ABS, 1978) eine Erfindung von Bosch mit Mercedes (im Bild ein ABS-Versuchsfahrzeug Anfang der 1970er-Jahre). Und ja, erst die hier elektronische Regelung des ABS brachte den Durchbruch. Neu war die Idee indes nicht: Erfunden hat das Prinzip nicht blockierender Bremsen der Reifenhersteller Dunlop 1952 für Flugzeuge; bereits 1966 fand dieses mechanische ABS den Weg in den britischen Jensen FF.
Diese Pistole schiesst bunt
Google liegt halt manchmal falsch: Das Web kann als Erfinder der Lackierpistole noch so oft den US-Arzt Allen de Vilbiss nennen, der damit Medikamente in Münder spritzen wollte. Sein Sohn machte daraus ein Lackiergerät. Nur zu spät: Da stellte Albert Krautzberger (Bild) in Deutschland bereits seit sechs Jahren sein, so die Patentschrift 1902, «durch Druckluft betriebenes Malgerät» her. Das Krautzberger-Funktionsprinzip setzte sich durch. Die Krautzberger GmbH stellt bis heute unter anderem solche Handspritzpistolen her.
Foto: Krautzberger GmbH
Diese Karosserie trägt sich
Sie besiegelte das Ende von Marken wie Duesenberg, die ganz auf Fahrgestelle mit Aufbau setzten. Aber die selbsttragende Karosserie machte Autos leichter, günstiger und sicherer. Der 1922er Lancia Lambda (Bild) gilt als Pionier. Stimmt aber nur halb: Der Lambda war das erste Auto in nennenswerter Stückzahl mit selbsttragender Karosserie, aber zuvor hatten andere – etwa der Adams-Farwell 1906 – das Prinzip angewendet. Lancia krebste später zurück, weil die Carrossiers auf Fahrgestelle drängten.
Foto: Lancia/Stellantis
Eine Frau gegen den Regen
In der Frühzeit des Autos galten Frauen als technisch unbegabt. Dabei ersann Bertha Benz 1888 den Bremsbelag, Margaret A. Wilcox 1893 die Autoheizung – und die Amerikanerin Mary Anderson (Bild) liess sich 1903 den Scheibenwischer patentieren. Die Idee war älter, aber erst Andersons Konstruktion funktionierte gut – und tut es bis heute. Die Autobauer ignorierten das zunächst bewusst: Erst, als das Patent auslief, bauten sie Scheibenwischer ein. Elektrisch wurde der Scheibenwischer ab dem Jahr 1926.
Fotos: Wikimedia
Der Turbolader ist Schweizer
Winterthur ZH machte der Autowelt Druck: Alfred Büchi patentierte den Turbolader 1905, Saurer brachte ihn von Arbon TG aus 1938 in Lastwagen. Der erste Turbo-Personenwagen war nicht der oft genannte BMW 2002 Turbo, sondern zwölf Jahre zuvor der 1961 er Oldsmobile Jetfire. Apropos Dieselmotoren: Das Commonrail-Einspritzsystem entstand in den 1990er-Jahren (Debüt 1997, Alfa Romeo) massgeblich an der Zürcher ETH und im FPT-Motorenforschungszentrum (einst Saurer, dann Fiat) in Arbon TG.
Foto: iStock
Foto: RM Sotheby’s
Wenn Licht ums Eck leuchtet
Hier wissen wir Autofans doch Bescheid – oder nicht? Die «Göttin» Citroën DS war das erste Auto, an dem Scheinwerfer mitlenkten und so Kurven erhellten – sagt man oft, stimmt nur leider nicht. Nein, auch der Tatra 77 von 1935 oder der Tucker von 1948 (Bild) waren es nicht. Ursprünglich startete die Idee 1918 bei Cadillac: Die US-Luxusmarke baute bereits 1918 im Type 51 mitschwenkende Lichter ein. Übrigens: Auch die Abblendautomatik (heute Fernlichtassistent) kam 1957 erstmals bei Cadillac.
Der Luftsack war Amerikaner
Gemeinhin gilt Mercedes als Airbag-Pionier. Zwar gelang erst dem Erfinder von Sicherheitszelle und Knautschzone (1959) ab 1981 der Markterfolg dank verbessertem Zündsystem. Zuerst eingebaut hatte den Luftsack aber 1973 General Motors (GM) in diversen Konzernmarken von Chevrolet bis Pontiac; der Erstling war der Oldsmobile Toronado. Aber das Marketing war flau, der Name ACRS zu lau. Statt geplanter 100’000 Airbags im Jahr wurden keine 10’000 geordert, und 1976 war vorläufig wieder Schluss.
Foto: Mercedes-Benz
Hinter schwedischen Gurten
Auch der Sicherheitsgurt wurde viele Male erfunden, bis ein kleines Detail den grossen Durchbruch brachte. Bereits 1902 gabs Becken-, 1948 Schultergurte, im Rennsport längst Fünfpunktgurte. Aber erst Volvo (Bild) verstand, wie Gurte herausrutschsicher werden und doch alltagskomfortabel bleiben und wie man sie schnell verbreitet: Der «Buckel-Volvo» von 1959 hatte Dreipunktgurte – in Serie, nicht als Option. Und der selbst aufrollende Automatikgurt beendete endlich das Verheddern in Statikgurten.
Foto: Volvo Cars
Nicht nur der erwähnte Turbolader oder legendäre Carrossiers wie Beutler, Graber, Ramseier und Co. stehen für die Schweiz als Autopionierin: Bis heute sind wir eines der globalen Innovationslabore für die Autoindustrie. Nur ein paar Beispiele: Christian Friedrich Schönbein erdachte 1838 in Basel, was Wasserstoffautos antreibt: die Brennstoffzelle. Die speziellen Vorfeldbusse auf Flughäfen waren 1978 eine Idee des Flughafens Zürich, umgesetzt vom Busspezialisten Carrosserie Hess aus Bellach SO auf NAW-Fahrgestellen aus Arbon TG; heute baut die daraus entstandene Marke Cobus weltweit drei von vier Flughafenbussen. Die Post fährt gar in Australien die E-Töfflis von Kyburz aus Freienstein ZH, und Autoneum (Ex-Rieter) aus Winterthur ZH ist Weltmarktführer in Auto-Akustik- und -wärmedämmung.
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